27.05.2021
Wort zum Sonntag 20KW/2021
Gott im Papprohr
Ich schaue durch ein Papprohr, kleine bunte Formen und Bilder zeigen sich. Wenn ich es zum Licht halte, strahlen sie in leuchtenden Farben. Wenn ich in eine dunkle Ecke schaue, sind die Farben trüb. Wenn ich das Papprohr drehe, dann verändert sich das Bild. Neue Formen entstehen. Manchmal bin ich traurig, weil ich die alte Form nicht wieder zurückholen kann. Oft bin ich überrascht. Manchmal mag ich die neue Form gar nicht und ich schüttle schnell, um Neues zu sehen. Manchmal drehe ich das Kaleidoskop in Zeitlupe und schaue mir an, wie sich das Bild Stück für Stück verändert.
Ein schönes Kinderspiel, mit dem ich gern meine Zeit verbringe. Ich kann in den Farben und Formen etwas von Gott sehen. Vom Bild Gottes, der weißbärtig auf einer Wolke sitzt, habe ich mich schon lange verabschiedet. Dennoch suchen meine Gedanken nach Bildern, wie Gott sein kann. Gott ist einer und doch drei. Wie soll das ein Bild fassen? Gottes Vielfalt ist so weit. Das Bild kann nicht statisch sein. Flüchtig, vielschichtig, bunt, manchmal erschreckend, oft anziehend und meine Neugier weckend. Ein Blick ins Kaleidoskop zeigt mir, wie Gott sein kann.
Manchmal bleibt das Kaleidoskop in der Schublade, ich denke nicht daran. Ich sehe nicht, was im Kaleidoskop passiert. Das ist nicht schlimm, wenn ich ständig hineinschauen würde, würde ich über den nächsten Stein stolpern. Doch ich bin auch froh, wenn mir ein Kind das Kaleidoskop reicht und sagt „Schau doch mal, wie bunt und strahlend es ist.“
Ich wünsche Ihnen, dass Ihnen jemand die Vielfalt und Schönheit Gottes zeigt.
Christiane Reschke
Vikarin im Pfarrbereich Braunsbedra