27.05.2022
Wort zum Sonntag 21KW/2022

Beieinander bleiben

Es war so wichtig, was meine Tochter zu erzählen hatte. Aber ich hatte gerade kein offenes Ohr für sie. Beim Abendbrot hörte ich meiner Tochter nicht zu, aber sie musste mir etwas ganz Wichtiges sagen. Sie war zwei Jahre alt und in diesem Alter hat man immer sehr wichtige Dinge zu sagen. Sie versuchte es auch mit lauter sprechen, das konnte sie gut.

Aber auch das half nichts, sie merkte, dass ich nicht richtig bei ihr war und mit eigenen Dingen beschäftigt war. Schließlich nahm sie mein Gesicht in ihre kleinen Hände, hielt es ganz fest und sprach mir in den Mund. Jetzt musste ich es wohl verstanden haben! Sie war zufrieden und ließ mich wieder los. Jetzt konnte sie endlich lockerlassen, musste sich nicht mehr anstrengen.

Ich weiß nicht mehr, worum es ging, ich weiß nicht mehr, ob ich sie wirklich verstanden habe. Was ich nie mehr vergessen werde: Sie sprach mit mir von Mund zu Mund. 

Zuhören braucht die ganze Aufmerksamkeit. Das Gesicht, den Blick, den ganzen Menschen und Zeit. Wir wollen erhört werden mit den Dingen, die uns beschäftigen, die uns wichtig sind. Auch wenn der andere unsere Wünsche nicht erfüllen oder unser Schicksal wenden kann, aber er kann zuhören. Ganz zuhören, verstehen, mitdenken und mitfühlen.

In den Texten und Liedern des Gottesdienstes am Sonntag geht es um das Erhört werden. Wir wollen mit unserem ganzen Leben und mit allem, was uns wichtig ist von Gott gesehen und erhört werden. Aber auch Gott will von uns verstanden werden. Gott sucht uns, spricht zu uns und unternimmt viele Anstrengungen, dass unser Bund bestehen bleibt und wir beieinander bleiben.

Monika Groß, Klinikseelsorgerin