31.03.2023
Wort zum Sonntag 14KW/2023
Freunde, dass der Mandelzweig sich in Blüte wiegt, bleibe uns ein Fingerzeig, wie das Leben siegt. Schalom Ben-Chorin
„Schau mal, ist die nicht süß?“, mein Mann steht an der Hintertreppe. Ich sehe nicht gleich, was er meint. „Da, in dem kleinen Sprung.“ Nun entdecke ich es auch: In einer kleinen Ritze in der dunkelsten Ecke blüht tapfer eine kleine tiefpurpurrote gefüllte Akelei. Davon hatte ich so viele ins sonnige Beet gesät. Wie mag wohl dieses Pflänzchen in die Ritze zwischen die Treppenstufen gelangt sein?
Und wie kann sie überleben? Sie kann doch in dem Beton keinen Raum und keine Nahrung für ihre Wurzeln haben. Und die Sonne scheint nie in diese Ecke. Doch all meine Überlegungen fechten das Blümchen nicht an. Seit ein paar Jahren nun schon blüht es in jedem Frühjahr in seiner lebensfeindlichen Umgebung.
„Ich sehe einen blühenden Zweig.“ – dieses Hoffnungsbild des Propheten Jeremia (Jer. 1, 11 f.) kommt mir in den Sinn. Und dazu das Lied, das Schalom Ben-Chorin mitten im zweiten Weltkrieg in Palästina schrieb, voller Staunen, voller Hoffnung, dass Frieden einkehrt und Leben wieder ersteht, wo wir es nicht mehr für möglich halten.
„Freunde, dass der Mandelzweig wieder blüht und treibt, ist das nicht ein Fingerzeig, dass die Liebe bleibt?
Dass das Leben nicht verging, soviel Blut auch schreit, achtet dieses nicht gering in der trübsten Zeit.
Tausende zerstampft der Krieg, eine Welt vergeht. Doch des Lebens Blütensieg leicht im Winde weht.
Freunde, dass der Mandelzweig sich in Blüten wiegt, bleibe uns ein Fingerzeig, wie das Leben siegt.“
Schalom Ben-Chorin
(Ev. Gesangbuch Bayern/ Thüringen Nr. 659)
Es grüßt Sie herzlich
Susanne Mahlke
Pfarrerin in Merseburg und Schkopau