04.07.2022
Wort zum Sonntag 26KW/2022

Schutzkleidung

Gott näht. Verblüffenderweise. An einer Stelle in der Bibel näht Gott Kleider. Er näht sie Adam und Eva, dem ersten Menschenpaar. Und er näht die Kleider, damit sie nicht nackt aus dem Garten hinaus in eine kaputte und verletzte Welt gehen müssen. Kleider zum Schutz. Keine Rüstung, die sie unempfindlich macht, sondern Kleider, die sie am Leben halten. Keine Fee, die ihnen die Welt rosarot färbt, sondern Möglichkeiten, in einer verletzten Welt selbst nicht zu sehr verletzt zu werden.
Seitdem sich die Krisen häufen und näher rücken, hilft mir dieses Bild. Es ist schon eine große Versuchung, das Radio komplett abzustellen und einfach nicht mehr hinzuhören bei den Meldungen aus der Ukraine oder aus Syrien, der Zuspitzung von Hungerkrisen, dem Dauerthema Corona, der Dürre vor der Haustür, den steigenden Preisen. Einfach Radio aus und Schluss. Sich einmummeln zu Hause. Wäre schön. Geht ja aber nur bedingt. Die Dürre begleitet mich bei jedem Schritt. Und ganz zumachen möchte ich auch gar nicht. Ich möchte nicht hart werden, wenn andere Menschen leiden, ihr Zuhause verlieren, wenn die Natur leidet. Ich möchte mich bewegen lassen vom Leid anderer. Denn das erhoffe ich auch, wenn ich leide.
Was mir hilft, was meine Schutzkleidung ist: Das Schöne nicht zu übersehen. Den Deutschunterricht, der Menschen hier beheimatet. Wenn Menschen sogar ihre Wohnung teilen mit anderen. Die Hummel, die durch den Garten brummelt. Die Balance halten.
Ja, die Welt ist verletzt und kaputt – und weiterhin wunderschön. Beide Augen auf! Und dann mit Schutzkleidung hinaus!

Lydia Schubert, Kreisfachreferentin für Ehrenamt