21.10.2023
Wort zum Sonntag 41KW/2023

Jeder soll von da, wo er ist, einen Schritt näher kommen (Navid Kermani)
Für mich ist es das, worum es in den drei großen monotheistischen Weltreligionen geht. Judentum, Christentum und Islam glauben gemeinsam an den einen barmherzigen, liebenden Gott, der will, dass wir miteinander in Frieden leben. Einander respektieren in unseren unterschiedlichen Wegen. Das Gemeinsame feiern. Gerade erleben wir Hass, Tod und Unversöhnlichkeit. Was für ein Zerrbild zeigen wir gläubigen Menschen der Welt, wenn wir einander das Existenzrecht absprechen und als ungläubig bezeichnen? Wie sehr beschmutzen wir dadurch das Bild eines gütigen, liebenden, vergebenden Gottes? Wie wenig einladend wirkt das auf Menschen, die mit dem Glauben nicht viel anfangen können? Mich schmerzt das. Es tut mir weh, wie unglaubwürdig das wirken muss. Wir sind doch eine Weltfamilie mit dem Judentum als gemeinsamer Mutter, dem Christentum als älterer und dem Islam als jüngerer Schwester. Wir haben ein gemeinsames Erbe: wunderbare Geschichten und Glaubensinhalte. Wäre es nicht ein Traum, wenn gerade wir gläubigen Menschen der Welt eine andere Lebenshaltung vor Augen führen könnten? Ja, wir unterscheiden uns in Manchem, aber das ändert nichts an der Tatsache, dass wir aus denselben Wurzeln leben. Könnten wir das nicht praktizieren: die Besonderheiten des anderen respektieren; neugierig darauf sein, das Fremde zu verstehen; miteinander in echten Dialog kommen, voneinander lernen? Ich wünsche mir so sehr, dass von Juden, Christen und Muslimen eine Bewegung des Verstehens, des aufeinander Zugehens, des Suchens nach den Gemeinsamkeiten ausgeht! Ist das eine Utopie? Ein wirklichkeitsfremder Traum? Ich finde, das darf es nicht sein! Jeder soll von da, wo er ist, einen Schritt näher kommen.

 

Mit nachdenklichen Grüßen zum Wochenende Ihre
Pfarrerin Antje Böhme
Pfarrbereich Leuna-Wallendorf